Vor Jahren habe ich den Film „Thrill Seekers“ bzw. „The Time Shifters“ gesehen. Es geht darin um Zeitreisende, die, aus der Zukunft kommend, für viel Geld in unsere Gegenwart zurückreisen, um grosse Katastrophen live zu erleben – Elendstourismus der Zukunft.
Heute reist man noch auf analoge Art nach Kambodscha, um falsche Waisen zu füttern – siehe auch: das Geschäft mit der Nächstenliebe auf SRF Dok.
Im Moment läuft auf VOX der Trailer für den 8-Stunden-Tsunami-Special am Stephanstag. Mehr darüber auf Quotenmeter.de. Ich finde diese Form von Voyeurismus, die, als Doku getarnt, vor allem auf Quotenfang aus ist, einfach nur ekelhaft. Der Spiegel, der 2005 noch die Ausstrahlung des Films „Tsunami“ auf ProSieben als „krudes Machwerk“ bezeichnete, siehe hier, rührt nun als „Spiegel TV“ auch mit grosser Kelle ab 20.15 Uhr grosse Emotionen an.
Betroffene – wirklich Betroffene! – gedenken Jahr für Jahr auf ihre persönliche Weise dieser Katastrophe, zum Beispiel durch das Steigenlassen von Lichtern über dem Meer oder durch Schweigeminuten.
Genau das ist es, was den Fernsehanstalten anstehen würde: Schaltet mal eine Minute lang auf dunkel! Wenn ihr es schafft, dass die Leute nicht auf die Toilette eilen oder an den Kühlschrank, habt ihr ein Zeichen setzen können.
Oder – wenn ihr’s schon nicht lassen könnt – strahlt die „Dokus“ ohne Werbeblöcke aus! Ich kann die verfluchten Werbungen zum „Fest“ – Parfüm, noch ein Parfüm, Hautcrème für Frauen ab 40, Parfüm, Kinderschokolade („für die glücklichste Zeit im Leben“), Make-Up, Haarspray, Waschmittel für Flecken auf Kinderkleidern, Pralinen und noch ein Parfüm – nicht mehr ertragen. Als Werbeunterbrechung von betroffenheits-sensations-journalistisch aufgemotzten Beiträgen verkommt das Ganze zu einer 8-Stunden-Zynismusshow. Gruslig!
Quelle: stagevu.com