Und was machen Sie so beruflich?

 

Wer kennt sie nicht, diese Frage? Sie wird immer dann gestellt, wenn die Themen „Wetter“, „Sportresultate“, die jüngste Katastrophe in der Natur, der Politik oder beidem, „The Voice of Switzerland“ und so weiter schon ausgelutscht sind. Und je nach Situation oder Beruf(en) ist es gar nicht so einfach, die Frage zu beantworten: „Und, was tust du so?“

 

Wibke Ladwig trat kürzlich eine Blogparade los zu diesem Thema. Hier mein Beitrag:

 

 

Ich habe eine Hassliebe zur Frage nach meinem Tätigkeitsbereich entwickelt. Mein Ego, nennen wir es Thomas, freut sich jedes Mal tierisch, etwas über sich erzählen zu können. Mein Über-Ich, das keinen Namen hat, warnt mich vor den unausweichlichen Diskussionen über das Schulsystem, die schwierigen Eltern, die noch schwierigeren Schüler, die eigene Schulzeit, Wissens- und Erziehungsfragen, die Optik einer Mutter oder eines Vater und wie alles immer schwieriger und komplizierter geworden ist. Dabei empfinde ich das alles nicht mal so. Was nicht gerade hilft: dass man als Mann in meinem Beruf grundsätzlich unter Generalverdacht steht – in verschiedenen Bereichen, welche strafrechtlich relevant sind.

 

Mein Alter-Ego indessen, nennen wir es Tom, möchte lieber über den Zweitberuf berichten.

 

Denn ja, ich bin Lehrer und Autor. Steuertechnisch gesehen bin ich etwa 110% Primarschullehrer und darüber hinaus selbständig erwerbender Teilzeitautor mit Ambitionen, die Prozente zu verlagern. Wobei nicht mal klar ist, wie viele Prozente ich denn als Autor arbeite, wo doch unterm Strich kein Gewinn dabei rausschaut.

Zumindest das mit den roten Zahlen also scheint die Schnittstelle zwischen beiden Berufen zu sein ;-).

 

„Also ein Hobby!“, das Schreiben, denken viele und einige sagen das auch. Und die ganz direkten Typen sind überhaupt nicht erstaunt, dass gerade ein Lehrer nichts mehr als Zeit genug hat, nebenher auch noch Bücher zu schreiben.

 

Dabei ist das Erstaunliche, dass man häufig den Leuten erklären muss, was ein Lehrer eigentlich so ist und macht – ist ja nicht das selbe, oder? Es gibt vermutlich keinen Beruf, zu dem alle eine so klar definierte Vorstellung haben – alle eine andere, natürlich. Spätestens, wenn man sich getraut zu erklären, dass man pro Jahr vier Wochen unbezahlte Arbeit verrichtet, bekommt man die volle Dröhnung ab zu unserem Berufsimage.

 

Deswegen spreche ich lieber darüber, was ich mache und nicht unbedingt darüber, wie viel Zeit ich dafür aufwende. Und da gibt es eine ganze Menge zu erzählen.

 

Es gibt kleine aber feine Unterschiede zwischen den folgenden Sätzen:

 

„Ich bin Lehrer.“

„Ich gebe Schule.“

„Ich unterrichte.“

„Ich arbeite als Lehrer.“

„Ich arbeite für die Schule.“

 

Ich selber habe mich immer als Handwerker betrachtet, so im Sinne eines hemdsärmligen Berufs. Man muss wissen, dass ich noch einer ohne ECTS Punkte bin, also weder Master noch Bachalor irgendeiner Kunst, sondern schlicht und einfach ein Diplom meines Heimatkantons besitze. Damit darf ich landesweit Kinder zwischen der ersten und sechsten Klasse in sämtlichen Fächern (ausser Textilem Werken) unterrichten. „Schule geben“ ist grundsätzlich ein Handwerk und dieses Handwerk umfasst eine ganz schöne Menge an Berufen. Darüber hinaus, kann ich als Klassenlehrer weite Teile meiner Arbeit selber bestimmen. So bin ich also (die Liste liesse sich bestimmt fortsetzen):

 

Vorbild, Moderator, Organisator, Mediator, Chef (hi, ich bin gerne Chef!), Reiseführer, Lagerleiter, Erwachsenenbildner, Vermittler, Sozialarbeiter, Aufpasser, Kursleiter, Teamleiter, Teamplayer, Telefonist, Techniker, Korrektor, Lernbegleiter, Administrator, Sekretär, Buchhalter, Gestalter, Illustrator, Theaterproduzent, Regisseur, Musiker, Coach, kollegialer Berater, Zuschauer, Webdesigner, Web-Master, Lehrmittelproduzent, Planer, Experte für: Erziehung, Familie, Kommunikation, Social Media, Zahnprophylaxe, Sexualpädagogik, Ernährungsfragen, Medienkompetenz, Mobbing …

 

und ansonsten zuständig für die meisten ungelösten Probleme der Gesellschaft und immer up-to-date in Sachen Wissen, Pädagogik, Methodik und den neusten technischen Hilfsmitteln.

 

Dazu ein alter Spruch aus den Lehrerzimmern:

„Ein Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände zu führen und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten ankommen.“

 

Selber habe ich meine Arbeit immer so beschrieben:

 

Ich arbeite wie ein Selbständig-Erwerbender, ohne das Risiko des Freien Markts auf mich zu nehmen.

 

Das hat natürlich Vor- und Nachteile. Die Vorteile überwiegen für mich und solange man mir tatsächlich noch weitgehende Freiheit lässt und mir grundsätzlich Vertrauen entgegenbringt, finde ich den Beruf des Lehrers einfach grandios. (Es gibt allerdings Tendenzen, die dem entgegenlaufen.)

 

 

 

So, nun kann aber mein Alter-Ego, also der Tom in mir, nicht länger schweigen. Der Tom, der schreibt. Er ist Schriftsteller und damit ein Grenzgänger zwischen den Welten, der Realität und der Fiktion. Dabei ist er nicht etwa schizophren, aber halt ein Fantast, ein Satiriker, ein Zyniker auch. Und was er da erlebt, als Grenzgänger, das schreibt er auf. Dabei sind bis jetzt zwei Bücher entstanden – eines davon, Eisenhut, ist veröffentlicht, das zweite in der Überarbeitungsphase. Als Nebenprodukt sozusagen fallen Musicals, Bloggereien und satirische Beiträge an der Grenze zum Kabarett an.

 

Tom macht auch Musik. Dabei fragt er sich, wie viele Songs er in seinem Keller noch machen wird, bis er endlich den Sprung zur eigenen Band schaffen wird.

 

Kürzlich haben Tom und Thomas fusioniert. Das war dann, als die Grafikkarte schlapp machte. Wir haben (ha,ha – Pluralis Majestatis!) das Ding dann bei 200 Grad im Ofen gebacken. Das Bild auf FB dazu hat jemand so kommentiert:

„Bist du nun Lehrer oder Schriftsteller oder Hardwareentwickler?“

 

Nun, letzteres bin ich mit Sicherheit nicht.

 

Tom Zai


Bildquelle: flickr.com langwitches

Tom Zai Verfasst von:

Tom Zai ist Autor, Verleger, Lehrer, Moderator, Musiker und noch vieles mehr.