Habt ihr’s bemerkt?
Nein?
Ich habe es totgeschwiegen, das WEF!
Keine Zeile, nicht mal ein Wort bisher.
Und nun, an dieser Stelle, mit Nachdruck und aus tiefster Seele, verkündige ich:
ES TUT MIR LEID!
Ich hätte das nicht tun sollen. Ich hätte mich zumindest aufregen sollen über die Super-Pumas, die talauf-, talabfliegen, mit wichtiger Fracht – zu wichtiger Fracht, als dass sie den Zug nehmen könnte oder die Limousine.
Ich hätte mich outen sollen als einer, der nur neidisch ist auf jene, die so wertvoll geworden sind, dass ihre Zeit und ihre Sicherheit so viel mal höher zu werten ist als , sagen wir, von zum Beispiel Elvira Honnbüchel (ihr richtiger Name ist irgendeiner Zeitungsredaktion bekannt), einer Kioskverkäuferin aus Schwammendingen, die ab und an die Strecke Zürich-Davos mit ihrem VW-irgendwas zurücklegt, um dem Nebel, dem Schulleiter ihrer Kinder, ihrem Ex-Mann, dem Trainer ihres Sohnes und der Frage nach dem Cumulus-Kärtli zu entgehen.
Aber, wie gesagt, ich hab’s nicht getan.
Ich schäme mich dafür, und hoffe, dass nun auch die Leute, die heute mit meiner Frau über mein Schweigen gesprochen haben, verstehen werden, dass ich niemanden habe umbringen wollen – mit meinem Totschweigen. Es ist ja auch niemand gestorben. Das sollte man mir anrechnen – und auch den vielen Einsatzkräften.
Ich denke, ich habe mich zu wenig in die Leute hineinversetzt, die sich in ihren Gefühlen verletzt fühlen – fühlen müssen.
Aber nun sehe ich das alles vor mir: die lange, beschwerliche Reise, die Meetings, die Foren, die Diskussionsrunden, die Berge ungesunden Essens, das viele Trinken, der fehlende Schlaf.
Ich entschuldige mich. Ich habe eventualvorsätzliche Tötung durch Schweigen in Kauf genommen ohne die Menschen zu kennen, die in unseren Super-Pumas vorbeifliegen.
Aber einmal, so weiss ich aus zuverlässiger Quelle, da soll es doch einen Präsidenten eines grossen Nordamerikanischen Landes gegeben haben, der in einem VW-irgendwas auf der Autobahn unterwegs war – drei Helikopter in der Luft als Ablenkung – und sogar in der Raststätte Glarnerland einen Zwischenhalt gemacht hat, vermutlich um Toblerone zu kaufen – oder Zigarrren.
Tom Zai
Bild: Philipp Leu