Es ist noch keine Woche her, seit eine als Fussballfans verkleidete Horde über das St.Galler Oberland hergefallen ist. Die Polizei musste tatenlos zusehen, wie Vermummte sich in Shops mit Bier versorgten – einerseits, weil es die falsche Polizei war (die vom Fürstentum Liechtenstein) andererseits, weil sie die Fans nicht zusätzlich provozieren wollte. (Siehe zum Beispiel im Tagesanzeiger.)
Wie waren wir erleichtert, dass die Busse ins Unterland entschwunden sind, und unsere Gegend wieder sicher war. Wie haben wir uns getäuscht!
Nachahmer fallen über das ganze Land her – Polizei machtlos
Gestern Abend, Freitag, den 31. Oktober, läutete es grob an meiner Haustüre. Draussen stand eine Horde vermummter, bis an die Zähne bewaffneter Knirpse. „Süsses her oder es gibt Saures!“, skandierten sie und öffneten schon mal die Deckel der mitgeführten Eierschachteln und Rasierschaumdosen.
Ich gab ihnen alles, was ich im Haus hatte. Der Dreisteste, ein Kobold, entriss mir am Schluss sogar die Dose mit dem künstlichen Süssstoff, den ich immer für Mutti bereithalte.
Was mich am meisten ärgert: die Polizei war vor Ort, hielt sich aber bewusst zurück, eskortierte die Bande sogar zum nächsten Haus, wo sie nach dem selben Muster weitere Straftaten ausführte.
Ein Anruf auf der Notrufzentrale bestätigte meinen Verdacht: im ganzen Land waren tausende unkenntlich gemachter Kindern und Jugendlicher unterwegs und terrorisierten Stadt- und Landbevölkerung. Die Polizei beschränkte sich bewusst aufs Zusehen, um die Sache nicht ganz eskalieren zu lassen. Die Sprecherin der Monster, ein Zombie von etwa Einsfünfundvierzig, hatte offenbar damit gedroht, die Produktionshalle von Linth und Sprüngli zusammen mit allen anderen Horrorgestalten zu stürmen, sollte sich die Polizei einmischen.
Das Imperium schlägt zurück
Ich rechnete mit weiteren Angriffen. Weil ich keine Süssigkeiten mehr im Haus hatte, und auch meine Nachbarn nichts herausrücken wollten (so lernt man die Leute kennen!), musste ich drastische Gegenmassnahmen ergreifen.
Die nächste Angriffswelle fing ich in diesem Outfit ab.
Ich nahm ihnen alles ab, was sie bei sich führten. Eigentlich hatte ich vor, es später an die Armen und Bedürftigen zu verteilen. Leider kam es nicht dazu. Kurz nachdem die Monster abgezogen waren, stürmte die Polizei mein Haus.
Fussball
Nun sitze ich in U-Haft. Ich mache das Radio an. Die Musik ist okay. Aber alle paar Minuten schalten die in irgendein Stadion, wo offenbar Fussball gespielt wird. Im Hintergrund hört man die Fans. Sie feuern ihre Mannschaft an und beschimpfen den Gegner und den Schiedsrichter. Alles normal, könnte man meinen. Doch ich weiss es besser. Die tun bloss so. Eigentlich haben die sich nur getroffen, um die Fotos ihrer Kinder herumzuzeigen. Das löst Begeisterung aus. Gibt bestimmt Durst.
Ich hasse Fussball!
Foto oben: By rokfoto [CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons