Lachen

Im Moment dreschen alle auf unseren Bundespräsidenten ein. Und das nur, weil er eine unbedarfte Ansprache zum Tag der Kranken auf Französisch zum Thema „Lachen ist gesund“ oder eben „rire est bon pour la santé“ gehalten hat. Hier ein Link zu seiner Ansprache auf YouTube.

Was niemand verstanden hat: Schneider-Ammann ist die Eidgenössische Mona Lisa des 21. Jahrhunderts. Genauso wie das Original wird er missverstanden.

Johann Schneider-Ammann 2011

 

Vordergründig wird über den „Chef de la Schweiz“ gelacht, obwohl Bundespräsident Schneider-Ammann gerade diese Art des Lachens verurteilt hat. Hintergründig geht es uns allen an den Kragen. Die ganze Welt scheint über uns zu lachen. Na ja vielleicht nicht jene 50%, die nie etwas zu Lachen haben.

Hingerissen zwischen Fremdschämen und eigener Betroffenheit wissen wir nicht so recht, ob wir mitlachen oder uns über unseren Landesvertreter aufregen sollen.

Theoretisch übers Lachen zu sprechen, funktioniert genauso wenig wie Lachseminare. Ich kann nur vermuten, dass unser Bundespräsident ein traumatisches Erlebnis mit einem Spitalclown hatte, der ihm so eine Scheiss-Angst einjagte, dass Schneider-Ammann sich nun auf die französische Tour revanchiert hat.

 

Nun mal im Ernst:

Vielleicht liegt dem Ganzen auch ein Missverständnis zu Grunde. Schneider-Ammann hat allenfalls angenommen, dass [Muh-Rir] die kuh-schweizerische Auslegung des französischen Lachens, also [rir] sein müsse. Womit der Bezug zum Tag der Kranken natürlich hergestellt ist. Kann sein, dass er gedacht hat, sein Kommunikationschef hätte alle „Muhs“ aus dem Text genommen, damit man ihm (also ihm) nicht vorwerfen könne, er würde mal wieder die Bauernlobby unterstützen.

Wie dem auch sei, ich finde, wir müssen, ob wir wollen oder nicht, ganz pragmatisch der Welt erklären, wie wir das mit dem Lachen wirklich gemeint haben.

 

Besonnenheit statt Aktionismus

Was mir persönlich Sorgen macht, ist, dass „gewisse Kreise“ nun schon wieder eine Initiative lancieren: die sogenannte „Ridicule Initiative“. Sie fordert „keine fremden Lacher“ und verwahrt sich gegen jedwelche Einmischung ins Eidgenössische Humorverständnis.

Es ist jetzt schon abzusehen, dass die Westschweizer Kantone geschlossen gegen diese Initiative abstimmen werden. „Je m’en fous!“, werden die sich sagen.

Genau das hat sich wohl unser Bundespräsident gesagt, als er seine Ansprache gehalten hat. Natürlich hat er es eher in seiner eigenen Sprache gedacht.

 

Etwa so:

„Lachen, … ähm … womit das Lachen an sich gemeint ist, … kann durchaus je nach Standpunkt und Meinung so beschrieben werden, dass es lustig, vielleicht sogar unterhaltend sein kann. Womit nun nicht gemeint ist, dass sich ein Bundespräsident, … also … ähm … zum Beispiel ich, bei dem einfachen Volk oder sogar bei den Kranken und Krankinnen anbiedern, um nicht zu sagen, aufdrängen oder gar kumpelhaft daherschwadronierend, also investigativ, zu nahe treten sollte, indem sie oder er, … also in diesem Fall, wie gesagt, eher … er, vergisst, dass ein Schweizerisches Lachen, also eine föderalistisch motivierte Gefühlsregung, welche das Gegenteil von Trauer zum Ausdruck bringen soll – die vielleicht gerade im Zusammenhang mit Kranken und auch Krankinnen immer vor der Türe, … ähm, sozusagen wartet -, auch wenn es durchaus liberal gemeint ist, oder gerade deswegen, ähm, … eine ernste Angelegenheit ist.“

 

 

Bildcredits: By Bundeskanzlei [Attribution], via Wikimedia Commons

 

 

Tom Zai Verfasst von:

Tom Zai ist Autor, Verleger, Lehrer, Moderator, Musiker und noch vieles mehr.