Karin Bachmann, Autorin aus der Gegend von Biel, habe ich über Twitter und Google+ kennengelernt. Wir haben eine gemeinsame Freundin – Alice Gabathuler – und fanden recht bald einen guten Draht zueinander. Ausserdem haben wir uns an der Vernissage von „Mord in Switzerland“ in Herisau endlich in echt getroffen – an einer Veranstaltung, die ich in besonders guter Erinnerung behalten werde.
Karin schreibt einen vielseitigen Blog. Das Faszinierende daran ist, dass er zweisprachig geführt ist – Deutsch und Englisch.
Die meisten Bücher hat sie im SJW-Verlag veröffentlicht. Sie schreibt aber auch Kurzgeschichten für Magazine und Anthologien. Karin schreibt sowohl in Deutsch als auch in Englisch – faszinierend und bewundernswert, wie ich finde. Manche Bücher kommen sogar zuerst in Englisch heraus und werden dann von ihr ins Deutsche übersetzt.
Es ist mir eine Freude, dass Karin Bachmann mich zu diesem Blog-hüpfen eingeladen hat. Wir haben uns gegenseitig mit Fragen gelöchert und publizieren diese nun gegenseitig in unseren Blogs.
Hier geht es zum Interview in Karins Blog.
Karin, woran arbeitest Du gerade und wann dürfen wir mit der nächsten Publikation von Dir rechnen?
Erst mal ein grosses Danke, dass dieses Bloghüpfen zustande kommt.
Im Moment habe ich zwei Kurzgeschichten im Entstehungsstadium; eine für 8-12-Jährige, eine für Erwachsene. Die Hauptarbeit ist aber ein Kinderkrimi, der in der englischen Version – mit viel Glück – auf Weihnachten herauskommen soll. Sobald ich die Übersetzung geschafft habe, dann auch in Deutsch. Er heisst "The Venetian Pearls" und spielt in den Isles of Scilly im Südwesten von England. Die Rohfassung der Fortsetzung mit dem Titel "The Grandmaster’s Sword" ist auch fertig, braucht aber noch viel Arbeit. Und wenn ich zwischendurch Abwechslung brauche, arbeite ich an einer Abenteuergeschichte ums menschliche Immunsystem (auch für 8-12-Jährige), die innerhalb des menschlichen Körpers spielt. Da kommen Leukozyten Soldaten und verbrecherische Staphylokokken vor.
Warum hast Du angefangen zu schreiben? Gab es ein bestimmtes Ereignis, das Dich angestachelt hat?
Wie Du erfand ich Geschichten, bevor ich lesen oder schreiben konnte. Ich bin mit Geschichten und Büchern aufgewachsen. Vorlesen gehörte bei uns zum Alltag. Und als ich dann selber Bücher lesen konnte, und es immer mehr genoss, in diese fremden Welten abzutauchen, war es natürlich, das auch zu versuchen. Und als dann meine erste Geschichte von einem Verlag gekauft wurde – damals war ich 16 – war es für mich klar, dass ich nicht mehr mit Schreiben aufhören würde.
Welche Genres schreibst Du?
Ich schreibe hauptsächlich für Kinder und hauptsächlich Krimis oder Abenteuergeschichten. Ich habe mich aber auch schon in Richtung Fantasy bewegt. Und im Ganzen sind bisher vier Kurzgeschichten für Erwachsene erschienen; zwei davon in Schweizer Anthologien ("Alois und Auguste – Geschichten über das Vergessen" und "Mord in Switzerland" ).
Falls Du je das Genre wechseln wolltest, was würdest Du gerne schreiben?
Geschichte hat mich schon immer fasziniert. Und in "The Grandmaster’s Sword" fliesst viel davon ein. Ich könnte mir deshalb gut vorstellen, es einmal mit einem historischen Roman zu versuchen.
Was findest Du schwieriger, eine Geschichte aufs Papier zu bringen, oder sie zurechtzufeilen?
Wie bei Dir fliesst der erste Entwurf meist recht gut, wenn ich erst mal einen guten Anfang habe und weiss, wo und wie die Reise enden soll. Das Verputzen ist Knochenarbeit. Ich baue auch immer eine viel zu starke Bindung zu meiner Geschichte auf. Schlecht für die Objektivität! Es fällt mir deshalb viel leichter, fremde Texte zu verbessern. Oft kritisiere ich dort Punkte, die ich in meiner Geschichte prompt übersehe. Aber dank guter Lektoren, einer fantastischen Mentorin und vieler Versuche, werde ich (hoffentlich) mit jeder Geschichte ein bisschen besser.
Hast Du einen Liebling unter deinen Büchern und warum?
Normalerweise ist immer die neuste Geschichte mein Liebling. Weil die harte Arbeit und die Nöte, die man investiert hat noch so frisch sind. Aber wenn ich eine Geschichte auswählen soll, ist das mein SJW-Heft "Die Zirkusaffäre". Ich denke, es ist mir darin ein guter Mix aus Spannung, Thematik und Humor gelungen.
Wie integrierst du das Schreiben in Deinen Tagesablauf?
Das ist manchmal schwierig. Wie Du bin ich berufstätig (80%). Ausserdem im Moment Single, was heisst, dass ich leider die Hausarbeit nicht abtreten kann – auch wenn ich im Ausreden erfinden, warum ich jetzt nicht bügeln, abwaschen, aufkehren soll, schon recht gut geworden bin. Zum Glück kommen einem beim Bügeln oder Staubsaugen die tollsten Ideen. Einmal pro Woche helfe ich ausserdem einem älteren Familienmitglied mit den schwereren Hausarbeiten. Das lässt mir die Sonntage, etwa 2 Stunden an den Montagen und einen weiteren Wochentag zum Schreiben. Da ich ein langsamer Schreiber, und ein noch langsamerer Leser bin, schaffe ich oft nicht so viel, wie ich mir im Vornhinein erhoffe. Aber man nimmt, was man kriegt.
Welcher Deiner Sinne ist beim ersten Funken einer Idee am meisten beteiligt?
Ich bin einerseits ein visueller Typ. Eine Wolkenformation, ein Farbenspiel können eine ganze Gedankenkette auslösen. Anderseits bin ich eine notorische Lauscherin. Unglaublich, was man alles für tolle Geschichten aufschnappt, wenn man in Bus, Zug oder Restaurant die Ohren spitzt. Also müsste ich wohl mit "das Gehör" antworten.
Andererseits haben auch schon Artikel oder Fernsehdokumentationen einen Ideenfunken ausgelöst, so dass ich gleich zu Papier und Stift greifen musste. Und als ich in meinem Brotberuf eine Blutvergiftung im Daumen auflas, war das der Kern für meine Immunsystem-Geschichte.
Kennst du die viel zitierte Angst vor dem leeren Blatt Papier? Anders gefragt: wie gehst du beim Entwickeln und Schreiben eines Manuskriptes vor?
Die Angst vor dem leeren Blatt kenne ich nicht, da ich mich erst an den Computer oder vors Notizbuch setze, wenn ich und die Geschichte "reif" sind.
Wenn mich eine Idee findet, schreibe ich sie nicht immer gleich auf. Ich hätte mich deshalb schon öfter ohrfeigen können. Doch meistens kommt die Idee zurück, bzw. sie bleibt kleben, wenn sie gut ist. Dann denke ich längere Zeit darüber nach. Welcher Held/welche Heldin wäre geeignet um dieses Problem zu lösen? Wie müssten deren Helfer aussehen, wie die Gegenspieler? Wie soll die Geschichte aufhören? Mit welchem Ereignis könnte man sie so spannend wie möglich eröffnen? Wie direkt sollen die Protagonisten zum Ziel gelangen? Und natürlich auch: Für welchen Markt schreibe ich? Wie lang soll die Geschichte werden? Wo möchte ich sie veröffentlichen und muss ich Richtlinien für diesen Verlag, diese Publikation erfüllen?
In diesem Stadium helfen oft Bügeln, Abwaschen oder ein Waldspaziergang. Tätigkeiten, bei denen man die Gedanken schweifen lassen kann.
Nach all dem Denken bin ich meistens sicher, dass mich das Thema packt und ich darüber schreiben will. Dann kommt der Punkt, wo ich nicht mehr warten kann. Oft habe ich dann schon einen kurzen, fast fertigen Abschnitt oder wenigstens den ersten Satz, mit dem ich beginnen kann. Und dann ist die Seite nicht mehr weiss und es zieht mich vorwärts.
Gibt es Veranstaltungen, die Du im Zusammenhang mit Deiner Schreibtätigkeit besuchst?
Wenn möglich gehe ich an die Solothurner Literaturtage oder ähnliche, kleinere Veranstaltungen in der Region. Auch das ABRAXAS Kinderbuchfestival in Zug besuche ich, wenn ich’s einrichten kann. Von AUTILUS(Verein Kinder- und Jugendbuchschaffender der Schweiz) aus haben wir Stammtische. Und mein Jahr ist nicht komplett, wenn ich nicht an die "Swanwick Writers‚ Summer School" gehen kann, einem einwöchigen Treffen mit Vorträgen, Kursen und Workshops von und mit Autoren verschiedenster Couleur in Derbyshire, England.
Gehörst Du Schreib-Organisationen an?
Ich bin Mitglied von AUTILLUS (Verein Kinder- und Jugendbuchschaffender der Schweiz), AdS (Autoren/Autorinnen der Schweiz), Verein Berner Schriftsteller (VBS), Prolitteris und neustens deren Schwesterorganisation ACLS in England. Kurz, ich gehe an jede "Hundsverlochete", wie wir im Bernischen sagen.
Wie wichtig ist Leser Feedback für Dich?
Lebenswichtig. Ich durfte einmal zusehen, wie Schauspieler einen Text von mir für kleinere Kinder vortrugen. Die Reaktionen in den Gesichtern des Publikums zu sehen, war unvergesslich. Auch sonst interessiert es mich brennend, was Leser über die Texte denken. Deswegen freue ich mich auch immer über Kommentare auf meinem Blog.
Wie können Leser Dich erreichen?
Obwohl ich eigentlich ein Social-Media-Muffel bin und erst kürzlich damit angefangen habe, kann man mich auf Twitter (@BookwormKarin) und Google+ oder über mein Blog http://stories47277.blogspot erreichen.
Ausserdem ist es immer toll, bei Lesungen mit dem Publikum in Kontakt zu treten. Ich freue mich schon auf die nächste Gelegenheit am 14. September in Lengnau (BE) an der KulturnachtRegion Lengnau-Büren a.A.
Was ist das beste Buch, das Du je gelesen hast?
"Der Name der Rose" ist ein All-Time-Favourite. Ich liebe die Art, wie Umberto Eco das Mittelalter mit seinen kollidierenden Ideologien mit einem Krimi verwebt.
Allerdings habe ich immer mal wieder andere Bücher, die ich absolut fantastisch finde. Von Berufswegen lese ich natürlich auch viele Kinderbücher (in Deutsch und Englisch). Meine Favoriten dort sind die Artemis Fowl Serie (ich liebe Eoin Colfer’s Humor), The Bookthief (es gibt nicht viele Geschichten, in denen der Tod die Erzählfigur ist) und neuerdings die Hungergames Trilogie. Auch Sophie’s World ist ein Buch, das ich immer mal wieder zur Hand nehme. Und Walter Moers‘ Die Stadt Der Träumenden Bücher liebe ich, weil es so schräg ist.
Welchen Autor oder welche Autorin möchtest du mal so richtig mit Fragen löchern?
Wo anfangen? Da gibt es natürlich diejenigen, von denen man weiss, dass es nie eintreffen wird. Wie eben Umberto Eco oder Paolo Coelho oder den Trickfilmmacher und Jugendbuchautor Curtis Jobling, den ich im August in England erleben durfte. Von den Autoren, die ich kenne, würde ich liebend gerne meine Mentorin, die Krimiautorin Roz Southey (die mich gerade durch "The Venetian Pearls" navigiert) interviewen. Da ich weiss, wie beschäftigt sie ist, traue ich mich nicht zu fragen. Dann gibt es natürlich meine Kollegen und Freunde von AUTILLUS. Zuallererst kommen mir da Alice Gabathuler (ich liebe ihren Humor und die Art, wie sie Spannung aufbaut) und Stephan Sigg in den Sinn.
Woran misst du den Erfolg deiner Arbeiten?
Luther hat angeblich gesagt, "Erfolg ist keiner der Namen Gottes". Aber ich würde lügen, wenn ich sagte, ich wünsche mir keinen. Um den Slogan einer Bank aufzugreifen: Erfolg ist für mich, wenn viele Menschen meine Geschichten lesen und Spass daran haben.
Woher nimmst du die Motivation fürs Schreiben?
Schreiben ist für mich schon mehr als eine Leidenschaft – eine Sucht. Ich werde unausstehlich, wenn ich längere Zeit nicht schreibe.
Gibt es eine Modellleserin oder einen Modellleser, die du dir beim Schreiben vorstellst? Falls ja, kannst du uns etwas über sie oder ihn verraten?
Da bin ich ganz egoistisch. Ich schreibe die Geschichte, die ich gerne lesen würde. Auch wenn ich weiss für welchen Markt ich schreibe(nehmen wir das AQUILA Children’s Magazine, weil die im November eine Geschichte von mir herausbringen ;-)) und mich an deren Vorgaben wie Länge, Thema usw. halten muss. Die Idee eines Modelllesers, der mir beim Schreiben womöglich über die Schulter schaut, schüchtert mich ein.
Nun, ich denke, jemand der so grosse Leidenschaft fürs Schreiben aufbringt und es schafft, so vieles unter einen Hut zu bringen, wird sich nicht allzu leicht einschüchtern lassen.
Wie bist du eigentlich dazu gekommen, zweisprachig zu schreiben – noch dazu auf diesem fantastischen Niveau in Englisch?
Am zweisprachigen Blog, bzw. am Blog überhaupt ist die Swanwick Writers‘ Summer School schuld. Dort bläut man uns immer wieder ein, wie wichtig Web-Präsenz ist. Also habe ich mich vor zwei Jahren dazu breitschlagen lassen, ein Blog anzufangen.
Da ich in Deutsch und Englisch schreibe, und mich also in beiden Sprachräumen promoten sollte, drängte sich die Zweisprachigkeit auf; mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass ich mir nur halb so viele Themen ausdenken muss.
Ich weiss nicht, ist mein Englisch wirklich so gut? Bin immer wieder froh, wenn "Natives" meine Texte für mich korrigieren (ausser den Blog, das kann ich meinen Freunden nicht zumuten. Zu viel Arbeit.) Ich hatte einen genialen Lehrer in Neuseeland, als ich vor – oh, Gott! – 20 Jahren die Proficiency machte. Ich unterrichte auch ein bisschen Englisch an Erwachsene, das hilft die Basics zu behalten. Ich lese viel in Englisch und habe Freunde in UK und NZ. Und dann eben wieder die Writers‘ School. So habe ich wenigstens einmal pro Jahr Gelegenheit, mit richtigen Engländern zu sprechen.
Ganz lieben Dank, Karin Bachmann, für die Auskünfte und Einblicke in deine Arbeit. Mich begeistert deine Leidenschaft fürs Schreiben, dein Engagement für die Sache der Kinder- und Jugendbücher und besonders auch dein Streben nach noch besseren Texten, nach Weiterentwicklung.
Ich wünsche dir mit deinen nächsten Publikationen den Erfolg, der dir gebührt und freue mich, dich bald einmal wieder „in real life“, wie du es ausdrückst, zu treffen.