Headset

 

Headset

Das Projekt Telefon-Headset hält mich seit Wochen auf Trab. Nun macht es den Anschein, dass ich es tatsächlich geschafft habe. Der Reihe nach:

Der Weihnachtswunsch: Headset

Meine Frau telefoniert gern beim Kochen oder beim Bügeln. Nicht, dass Sie nun denken, die steht den ganzen Tag am Herd oder am Bügelbrett, wenn sie nicht gerade den Boden schrubbt (womöglich mit der Zahnbürste)! Nein, sie telefoniert halt einfach gern bei diesen Tätigkeiten. Doch einhändig kochen oder bügeln ist unpraktisch, die Freisprechfunktion des „normalen“ Telefons suboptimal. Die Geräusche des Dampfbügeleisens, beziehungsweise der Abzugshaube stören die Kommunikation. Deswegen kommt irgendwann der Wunsch nach einem Headset auf – einem Profi-Teil, so wie es in Callcenters benutzt wird. Der Wunsch wird stärker und stärker, bis er sich in der Vorweihnachtszeit so stark konkretisiert, dass er ausformuliert wird – weil ich vermutlich eh nicht von selber draufgekommen wäre.

Recherche

Also mache ich mich schlau. Im Internet. Schnell ist das passende Gerät gefunden – leider nicht kompatibel mit unseren alten Apparaten. „Na dann“, sage ich mir, „wenn schon, denn schon.“ Und finde dank Kompatibilitäts-Suchfunktion auf der Herstellerseite des Headsets eine gute Alternative.

Bestellung

Ich will im Laden bestellen. Falls es am Ende doch Probleme mit der Kompatibilität gibt. Dummerweise wähle ich jenes Geschäft, das so ähnlich heisst wie „Frust“. Man stört da die Verkäufer nicht so gerne und sie selber mögen es gar nicht, wenn sie in Gespräche verwickelt werden. Oder sie sind nicht zuständig. Oder beides.

In meinem Fall ist es so, dass der Verkäufer sich leider nicht auskennt, da die gewünschten Artikel „Bestellartikel“ sind. Ich hätte also doch besser online geordert. Wenigstens ist es möglich, das Telefon plus Headset direkt nach Hause liefern zu lassen. Gegen eine Gebühr von 7 Franken. Dafür reicht es noch auf Weihnachten.

Denkste

Natürlich geht die Lieferung doch zuerst in die Filiale und kommt zum Jahreswechsel bei uns an.

Es gibt 4 Optionen das Headset an ein „Tischtelefon“ anzuschliessen. Da werde ich zum ersten Mal stutzig. Tischtelefon. Abgebildet ist in der Gebrauchsanweisung ein eher altertümliches Modell mit Kordelkabel zum Hörer. So ein Büroteil. Das wir nicht haben. Wir haben Schnurlostelefone. Option 4 scheint mir dennoch die vielversprechendste. Damit ziehe ich, nach meinem Verständnis, sozusagen eine Schlaufe durch den Sender des Headsets zum eigentlichen Telefon – ein schnurloses, wie gesagt.

Natürlich passt das mitgelieferte Kabel nicht. Ausserdem brauche ich ein zweites, für die Verschlaufungsaktion.

Kabelsalat

Im örtlichen Elektronikgeschäft finde ich tatsächlich ein passendes Kabel, um diese Schlaufe zu machen. Weitere 9 Franken Investition. Ich stecke alles zusammen und will schon „Heureka!“ schreien, als ich auf dem Kopfhörer ein Signal bekomme. Leider geht das Mikrophon nicht, wie sich bei einem Testanruf herausstellt.

Als ich nochmal unter den Tisch krieche, um den Anschluss zu prüfen, stelle ich fest, dass das eine Kabel nun doch einen zu kleinen Stecker aufweist. Ich schliesse daraus, dass auf diese Weise nur das Hörsignal, nicht aber das Sprechsignal übertragen wird. Experte, ich!

Also fahre ich ein zweites mal in die „Frust-Filiale“, um Rat zu holen.

Der Rat

Im nachweihnächtlichen Umtausch- und Schnäppchenchaos wird mir ein „Spezialist“ zugewiesen. Er wirft einen kurzen Blick auf das Kabel und meint dann: „Da gehen Sie am besten ins örtliche Elektrizitätswerk und lassen sich ein entsprechendes Kabel zusammenbauen.“

???

Guter Rat ist bekanntlich teuer. Dieser hier ist gratis zu haben. Na ja, wenn man die Autofahrt nicht rechnet. Aber wer rechnet die schon?

Im EW

Da finde ich supernette, superhilfsbereite Elektriker, die mir ruckzuck und vollkommen unbürokratisch, für eine Spende in die Kaffekasse, zwei Kabel mit den gewünschten Steckern umbauen. DANKE!

Wieder zu Hause

Leider ändert das nullkommaüberhauptnichts am Tonproblem meines Headsets. Ich bin kurz davor, das Teil zurückzuschicken. Doch ich bewahre Ruhe und gehe ein paar Tage in mich.

Die Erkenntnis

Ich erinnere mich an den Begriff „Tischtelefon“ und mache eine weitere Headset-Kompatibilitätssuche. Dabei stellt sich heraus, was ich lange mit Erfolg verdrängt habe: das neue Kabellos-Telefon und das noch ungebrauchte Headset vertragen sich gegenseitig nicht. Ich muss da wohl bei der Suchfunktion gepfuscht haben.
Sofort schreibe ich an den Support, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt.

Der Entschluss

Als ich nach ein paar Tagen noch immer keine Antwort bekommen habe, beschliesse ich Nägel mit Köpfen zu machen. Es muss ein Tischtelefon her, ein möglichst günstiges, das ich im Parallelbetrieb neben dem kabellosen betreiben werde. Weitere 54 Franken sind zu investieren. Das Weihnachtsgeschenk überzieht nun das Budget. Was soll’s? Ist ja für meine Frau – die langsam den Glauben in meine technische Kompetenz verliert. Den wiederherzustellen ist keine Frage des Geldes. Das ist eine Sache des Überlebens.

Der Support

Doch noch meldet er sich, der Support. Ich benötige ein Spezialkabel, kleine Klinke auf RJ-11 (wem das was sagt). Damit könne man das Mobilteil des Telefons beim Kopfhörerausgang mit dem Sender des Headsets verbinden. Aha! Hätte gepasst. Doch nun ist das Tischtelefon bereits unterwegs.

Kabelsalat 2

„Jetzt aber!“, denke ich, als das Tischtelefon eintrifft. Doch die umgebauten Kabel passen nun natürlich nicht mehr. Sie müssten in den Ursprungszustand versetzt werden, dann käme Anschlussoption 2 zum Zug. Ich schäme mich zu sehr, als dass ich die Hilfsbereitschaft der örtlichen Elektriker nochmal beanspruchen möchte. Also einkaufen. Kabel plus Doppelstecker. Ich besitze nun Anschlussmaterial im Wert von etwa 40 Franken …

Erfolg

… und ein Headset, das in Verbindung mit dem Tischtelefon sämtliche Anforderungen erfüllt. Die Hauptsache aber ist: meine Frau telefoniert vollkommen freihändig.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt: hätte ich von Anfang kapiert, dass ich einfach ein zweites Telefon, eine Tischstation, benötige, hätte ich auch das neue kabellose, vermeintlich kompatible, Phone nicht gekauft. Lehrgeld nennt man das. Schade, dass es sich nun nicht mehr bezahlt machen kann. Ich werde telekommunikationsmässig nicht so schnell wieder aufrüsten. Und für die Beratungsbranche tauge ich wohl auch nicht. Oder sehen Sie das anders?

Für dieses Geschenk habe ich mich echt abgerackert. Gäbe es eine Tapferkeitsmedaille fürs Geschenkebesorgen, ich hätte sie verdient.

 

Bildcredits. By Dutch central government [CC0], via Wikimedia Commons

 

 

Tom Zai Verfasst von:

Tom Zai ist Autor, Verleger, Lehrer, Moderator, Musiker und noch vieles mehr.