Grosse und kleine Steine

 

Ich habe mir ein recht übersichtliches und strukturiertes System angeeignet, wie ich schreibe. Für mich ist das wichtig, denn Effizienz steht in Konkurrenz zu Kreativität.

 

Die „Methode“, sollte es denn eine sein, nenne ich mal „Vom Grossen zum Kleinen“ oder „Vom Groben zum Feinen“. Dabei denke ich an jenes Beispiel, das unter dem Schlagwort „Zeitmanagment“ am ehesten zu finden ist – ein „Bild“, dessen Quelle nicht zu eruieren ist.

 

Ein Krug soll gefüllt werden, mit groben Steinen, Kieselsteinen, grober Sand, feiner Sand und Wasser. Mit welcher Methode wird der Krug am meisten gefüllt? Vom Groben zum Feinen oder vom Feinen zum Groben?

 

Aufs Schreiben übertragen heisst das für mich: ich entwickele einen Plan, einen Plot und folge diesem, bis die Geschichte einigermassen schlüssig erzählt ist. In den ersten zwei bis drei Überarbeitungsrunden folgen Details, die fehlen, lasse ich mich zu Nebengeschichten inspirieren, lebe Assoziationen aus und spinne Gedanken weiter. Dann wird die Sache subtiler. Ich versetze mich nochmal einzeln in die Welt meiner Protagonisten und denke mich in sie hinein.

Spätestens nach Runde 4 kommt meine erste Probeleserin – Esther, meine Frau – zum Einsatz. Sie legt den Finger auf die wunden Punkte, stellt die richtigen Fragen und hilft mir, andere Perspektiven einzunehmen.

Die nächsten Runden bezeichne ich übertragen als „gut durchschütteln“. Damit wird das „Konglomerat“ verdichtet, allenfalls leicht umgeschichtet. Dabei tun sich Lücken auf, die mit weiteren Details, noch feinerem Sand, gefüllt werden.

In dieser schwierigen Phase geht es auch darum, den einen oder anderen Kiesel loszuwerden, der Text wird nun kleiner, Überflüssiges, Störendes wird entfernt.

Sieben bis zehn Überarbeitungsrunden sind bei mir nötig, um eine lektoratsreife Fassung zu bekommen.

Nun ist nochmal gnadenlose Arbeit an der Sprache nötig, das Ganze wird mit „Wasser eingeschwemmt“. In dieser Phase wird einem auch bewusst: entweder ist es so tatsächlich gelungen oder du musst nochmal ganz von vorne starten.

Meine Lektorin und ich arbeiten in drei Lektoratsphasen: in der ersten schreibt sie in das ausgedruckte Manuskript ihre Kommentare, in der zweiten korrigiert sie elektronisch im Bearbeitungsmodus, die dritte ist ein Dialog, ein Feilschen um die letzten Knackpunkte.

 

Plotten findet bei mir in Form von Mindmaps statt, wozu ich das Programm XMind nutze.

In den ersten Phasen schreibe ich, wann immer möglich, draussen mit dem Laptop, vorzugsweise unter „meinem“ Baum oder an abgelegenen Orten. Überarbeiten findet hauptsächlich am Computer im Haus statt. Dieser räumliche Wechsel hilft mir, die „kreativen“ Phasen von den Überarbeitungen zu trennen und die Perspektive der Leserin einzunehmen.

 

Was mich nun interessiert: wie machen das eigentlich andere Kollegen? Wie haben das die Autoren gemacht, als es noch keine Computer gab? Haben die einfach immer und immer wieder ihr Manuskript abgetippt? Gibt es Leute, die immer noch so arbeiten? Wer schreibt in welcher Phase von Hand? Wer plottet, wer lässt sich treiben? Wann wird welcher „Hobel“, welche „Feile“ angesetzt? Wo wird gearbeitet, usw.?

 

Hier also die Fragen, die hoffentlich einige Autorinnen und Autoren beantworten werden:

 

In welche Phasen teilst du den Prozess bis zum fertigen Buch ein?

 

Wann arbeitest du elektronisch, wann analog – also von Hand?

 

Welche unterstützenden Massnahmen helfen dir beim Schreiben?

 

Was sind deine Rituale, Gewohnheiten oder sogar Pedanterien?

 

Wie schnell schreibst du in welcher Phase?

 

Wann und wie kommen andere Leute ins Spiel?

 

Wo schreibst du?

 

An wie vielen Texten arbeitest du gleichzeitig?

 

Wie kommst du zum Schluss, dass der Text abgegeben werden kann?

 

Wann ist dein Buch fertig?

 

 

Nun bin ich gespannt auf Antworten:

 

Alice Gabathuler

Karin Bachmann

 

 

 

 

Tom Zai Verfasst von:

Tom Zai ist Autor, Verleger, Lehrer, Moderator, Musiker und noch vieles mehr.