Der Mörder Schlug Mit Chnoblibrot leute tot

oder: der ästhetische Mörder

Wenn ich solche Sätze lese wie «Der Mörder schlug mit Chnoblibrot Leute tot», setzt sich sofort mein scharfer, analytischer und kriminalistisch geschulter Geist in Bewegung.

Wie, was, wann, wer oder wen, warum?
Die W-Fragen habe ich im Griff. Hier meine Analyse:

Wie

Der Mörder nahm natürlich kein verführerisch dampfendes, eben fertig gebackenes Chnoblibrot aus dem Ofen, um damit seinen Gast zu töten (weil er oder sie seine Möbel nicht gelobt, die Tischdeko bereits gegessen hatte oder einen hatte fahren lassen.)
Natürlich war das Chnoblibrot gefroren. Pure Krimilogik. Der Mörder entnahm also der Gefriertruhe das extragrosse Chnoblibrot, das schwer und hart genug war, jemandem von hinten, mit einem gezielten Schlag auf den Schädel zu töten. Die Tatwaffe wurde später – also nach dem Auftauen – selbstverständlich doch gebacken und verzehrt. Eine fast perfekte Art zu töten, weil Tatwaffe unauffindbar. Zum Motiv kommen wir noch.

Was

Man nehme ein grosses Baguette, 30ml Milch, 100g Butter, etwas Salz, und die Chnoblimischung vom Chrütliruedi. Das Parisette halbieren und öffnen, die Milch darüber träufeln, die Butter draufschmieren, salzen, Chnoblimischung drüberstreuen, Parisette schliessen, in Alufolie packen und in den Tiefkühler legen.

Wann

Chnoblibrot eignet sich nach meiner Erfahrung am besten am frühen Abend als Apérogebäck oder auch zu Grilladen. Unpassend finde ich Chnoblibrot zum Frühstück und ganz und gar scheusslich in Kombination mit Randensalat.

Wer oder wen

Wer ist der Mörder und wen tötete er mit Chnoblibrot? Es könnte jeder sein und jeden treffen. Das ist eine Frage des Kontexts, des Zufalls möglicherweise oder ganz und gar vom mehr oder weniger irren Geist eines Krimiautors oder einer Krimiautorin abhängig. Die Sache ist ja auch voll einfach: Du brauchst als Täterin oder Täter ein Motiv, du musst die Gelegenheit haben und du musst kriminell sein. Als Opfer musst du einfach nur die falschen Leute kennen oder wirklich grosses, grosses Pech haben. Es sei denn du hast es verdient. Aber dann ist Tod durch Erschlagen mit einem Chnoblibrot beim Apéro auf der lauschigen Veranda zum Sonnenuntergang mit Grillengezirpe eventuell der Gnade zuviel.

Warum

Warum, so fragen sich nun viele, schlug der Mörder mit Chnoblibrot Leute tot?
Nicht das Mondkalb hat es mir im Stillen verraten, ich weiss es auch so:
Er tat’s um des Reimes willen.

 Bildquelle: wikipedia.nl  Author: nl:gebruiker:Amarant 
Idee und Zitate: Christian Morgenstern, das ästhetische Wiesel

Tom Zai Verfasst von:

Tom Zai ist Autor, Verleger, Lehrer, Moderator, Musiker und noch vieles mehr.