Dieses Buch hat bis dato 202 5-Stern-Bewertungen auf Lovelybooks. Und da komme ich und werde ausgerechnet bei diesem Buch – einem Megaseller (Spiegel Taschenbuch Bestseller Nr. 7!) – meinem Grundsatz untreu, nur Bücher zu bewerten, die mir wirklich gefallen. Ob ich mich damit in die Nesseln setze?
Die Grundidee zum Buch – Europa und später USA weitgehend ohne Strom – ist packend und mit jedem der Tage, in die „Blackout“ gegliedert ist, tun sich weitere Abgründe auf. Die Szenarien kommen realistisch rüber und der technische Hintergrund wirkt glaubwürdig und ist detailreich recherchiert.
Weil mich die Konsequenzen eines solchen Horrorszenarios auf unsere Gesellschaft ernsthaft beschäftigten, las ich das Buch etwas hastig und oft diagonal. Der Sachaspekt des Buches fasziniert – dieser Gegensatz, wenn du heissen Kaffee in der warmen, beleuchteten und vor allem sicheren Stube trinkst, dabei liest und wie sich die Menschen im Buch langsam aber sicher in Barbaren verwandeln, weil das Leben ohne Elektrizität schnell einmal (brand-)gefährlich wird.
Spannung ist gegeben: Wer überlebt wie? Findet der Held auch noch die dritte und vierte Lösung für das Grundproblem und wie viele Steine legt man ihm noch in den Weg?
So weit, so gut.
Leider wird die Thematik nie wirklich auf eine differenzierte Art vertieft, die ausserdem auch den Protagonisten mehr Schärfe und Kontrast gäbe. Für mich ist es eine Aneinanderreihung von zwar dramatischen Szenen, die aber oft dann ausblenden, wenn’s anfängt wirklich unter die Haut zu gehen. Wenn das doch geschieht, schafft der Autor Marc Elsberg schnell wieder Distanz. Das Wort, das mir einfällt, ist „pragmatisch“ – der Sache dienlich.
Dabei entstand durchaus Spannung und ansatzweise ist Gesellschaftskritik spürbar. Für mich fehlt es jedoch sowohl an der Ausarbeitung von Details als auch am Blick auf das ganz grosse Bild. Die Komplexität der technischen, logistischen, gesellschaftlichen und persönlichen Probleme wird zwar angezeichnet aber dann – Schnitt, nächstes Bild. Zu vieles bleibt an der Oberfläche.
So kommt mir das Buch, das mich alle paar Seiten in einen neuen Körper an einem anderen Ort in Europa hetzt, nie nahe. Es ist eine Katastrophen-Doku(-soap) über einen anderen Kontinenten auf einem Planeten, der nicht der meine ist. Phasenweise hatte ich den Eindruck eine Checkliste abzuarbeiten, ein 20Punkteprogramm bis zum völligen Zerfall einer Zivilisation, mit der ich mich kaum identifiziere – immer hoffend (und das macht die Spannung für mich aus), dass Punkt 21 die Wende bringt.
Die Sprache, um das auch noch zu erwähnen, prägt für mich das Bild, das ich mir vom Roman mache. Sie ist einfach okay – ich sag mal „informativ“. Es könnte ein Sachbuch sein mit Unterhaltungswert. Lesespass war’s für mich nicht – eher ein Lehrstück darüber, wie mit einer cleveren und packenden Grundidee, trotz der für mich deutlichen Mängel, ein 800-Seiten-Bestseller entsteht.
Der Link zum Buch
„Blackout (Marc Elsberg, 2012)“ von Verlagsgruppe Random House (Diskussion) – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC-BY-SA-3.0-de über Wikimedia Commons.