An Pfingschte goht’s am ringschte

 

An Pfingschte goht‘s am ringschte“.

 

Ein Spruch, tausendfach gehört, gesprochen – wohl nur in der Schweiz. Wie erklärt man „ringschte“ Deutschstämmigen – die beim Wort „ring“ sehr wahrscheinlich an etwas Rundes denken? (O lé, o lé, o lé, o lé…! – Ah, nein, das ist etwas Anders!)

 

Am leichtesten? Am ehesten? Am lockersten, unkompliziertesten, unan(ge)streng(te)sten, coolsten, fast von selbst?

 

Nun, es ist ein wenig von allem. Je nach Bezug ist obiger Spruch ausserdem von zotig bis streberhaft einzuordnen. Eine Altersfrage. Der Duden sagt: „Mühelos, spielend, unkompliziert, unschwer“. (Der sprechende Duden!)

 

Ich könnte versuchen, das Adjektiv „ring“ am Beispiel „ringhörig“ zu erklären. Setze ich obige Synonyme ein, denke ich reflexartig an jemanden, der besonders gut hören kann. Schweizerinnen und Schweizer wissen es natürlich besser. Leute mit exzellentem Gehör haben in „ringhörigen“ Wohnungen nichts, aber auch rein gar nichts verloren (also zu suchen!). Denn gerade darauf bezieht sich „ringhörig“ in der Regel, auf Wohnungen und Häuser, die Schall praktisch ungehindert weiterreichen – von der Küchenschublade zu Nachbars Schlafzimmer, von der Kloschüssel in die Küche von Frau Hugentobler (Name frei erfunden, Anm. der Redaktion). So gesehen, müsste "ringhörig", "ringhörend" heissen.

 

Da ich gerade darüber grüble, wie ich „ringhörig“ erklären soll, merke ich, dass mir selber das deutsche Adjektiv dazu fehlt. Wie bezeichnen Deutsche Wohnungen, die schalltechnisch miserabel isoliert sind? Kommentare sind willkommen.

 

Zurück zum Duden, der „ringhörig“ mit „hellhörig“ übersetzt. Da werde ich selber nun ziemlich „ringhörig“. Kann eine Wohnung „hellhörig“ sein? Mag ja sein. In Deutschland. Aber gemäss den Bilateralen Verträgen (verlangt das nun den Genitiv?) müssen wir nicht auch noch die Sprache importieren. Und, ich bin des Deutschen (yes, Genitiv!) zwar mächtig aber nicht wirklich „muttersprachig“. (Vielleicht hätte mein Vater es gewusst, aber er hatte nicht viel zu sagen – verzeih mir Mami!)

 

Zurück zum Thema: hellhörig ist für mich eben das, was Deutsche reflexartig unter „ringhörig“ verstehen könnten (siehe oben!) – also das FALSCHE! Denn hellhörig geht in der Schweiz wirklich nur in der Wechselwirkung zwischen akustischer Wahrnehmung und gleichzeitigem intensiven Nachdenken über eben diese.

 

Ich mache mich ganz gut bisher, finde ich. Eigentlich fühle ich mich schon wie ein Etymologe oder zumindest fast – zur Not, wie ein Völkerverbindungsmediator, ein Völkerversteher.

 

Das muss etwas mit Pfingsten zu tun haben. Schliesslich haben die Apostel an diesem Tag die Völkerverständigung erfunden. Steht in der Bibel. Kann man nachlesen.

 

Abgesehen davon, an Pfingsten geht mir einfach alles ein wenig leichter von der Hand.

 

 

P.S.

Kann mir mal bitte jemand erklären, warum die Deutschen „Fingsten“ sagen? Oder heisst es "Finksten", das Fest aller Körnerfresser – also den Finken unter den Vögeln?

 

Pfingsten

Tom Zai Verfasst von:

Tom Zai ist Autor, Verleger, Lehrer, Moderator, Musiker und noch vieles mehr.