Mich interessiert, wie Kolleginnen und Kollegen ihre Texte entwickeln und überarbeiten – siehe hier. Hier nun die Antwort von Alice.
Alice Gabathuler übers Schreiben:
In welche Phasen teilst du den Prozess bis zum fertigen Buch ein?
Wachsenlassphase: Eine Idee, eine Figur wollen umgesetzt werden. Sie nisten sich im Kopf ein, machen sich breit. Ich drehe mich um sie, lasse mich von ihnen mitnehmen. Mache erste Notizen (von Hand).
Konkretwerdenphase: Ich weiss, dass ich die Idee umsetzen will und schreibe für den Verlag ein Exposé, allerdings sehr vage, da ich meine Geschichten nicht plane, schon gar nicht im Detail. Ich bin eine sogenannt figurenorientierte Schreiberin, keine Plotschreiberin.
Schreibphase: Ich schreibe analog, der Reihe nach. Wobei ich der Nase, dem Gefühl, dem Herz und vor allem den Figuren nach schreibe. Kein wirklicher Plan. Nur einen roten Faden. Den Rest fülle ich während des Schreibens.
Überarbeitungsphase 1: Geht bei mir einher mit der Schreibphase, was an meiner Art zu schreiben liegt.
Überarbeitungsphasen 2 – unendlich: Vom Rohfeilen bis zum Feinschliff. Unendliche Male. Ich liebe das Überarbeiten, wobei die Geschichte jedes Mal runder wird.
Wann arbeitest du elektronisch, wann analog – also von Hand?
Elektronisch: Die Geschichte schreiben. Recherche im Internet.
Von Hand: Notizen (immer)
Welche unterstützenden Massnahmen helfen dir beim Schreiben?
Schokolade. Kaffee. Musik. Meine Familie (als sicherer Hafen ausserhalb meiner Schreibwelt). Autorenkollegen, die meine Zweifel, mein Hadern aushalten und verstehen.
Was sind deine Rituale, Gewohnheiten oder sogar Pedanterien?
Gewohnheiten: ähm … das ist jetzt peinlich: eine Runde Internetsurfen oder Solitär spielen vor dem Schreiben (doof, ich weiss – ich arbeite daran … und scheitere!).
Pedanterien: Ich kann beim Schleifen des Textes fast nicht aufhören. Finde immer und immer und immer wieder etwas. Und ich mag es nicht, wenn andere Leute mir beim Schreiben über die Schulter schauen.
Wie schnell schreibst du in welcher Phase?
Immer langsam. Ich denke, ich bin Schreibschnecke. Mir fällt das Schreiben oft sehr schwer. Ich hadere mit Abschnitten, mit Sätzen, mit Wörtern. Aber genau das mag ich beim Schreiben. Manchmal gerate ich in einen richtig guten Fluss. Das kann in jeder Phase sein.
Wann und wie kommen andere Leute ins Spiel?
Bei Recherchen. Vor, während, nach dem Schreiben.
Ansonsten bin ich die Schreiberin im stillen Kämmerlein. Mein Text ist für mich etwas sehr Intimes. Erst wenn ich mit ihm zufrieden bin, geht er ins Lektorat. Ich will auch keine Probeleser.
Wo schreibst du?
Überall.
An wie vielen Texten arbeitest du gleichzeitig?
An einem. Ich versinke total in der Geschichte. Zwei Jugendbücher parallel schreiben geht nicht. Wenn der Text ein ganz anderer ist (Blogeintrag oder Text für Kinder), schaffe ich auch zwei Texte parallel, aber da müssen dann die Textwelten total verschieden sein.
Wie kommst du zum Schluss, dass der Text abgegeben werden kann?
Das bestimmt die Deadline. Ich könnte ewig feilen (frag mal Herrn Ehemann; der kann nicht fassen, wie oft ich über einen Text gehe).
Wann ist dein Buch fertig?
Nachdem ich die Druckfahnen (Korrekturfahnen) gelesen habe. Dann kann ich langsam beginnen, den Schreibprozess loszulassen. Aber nur den Schreibprozess. Das Buch nicht.