Ein Grund zu feiern? – Weiss nicht.
Ein Grund für die Kaste der international bedeutenden Menschen sich zu versammeln? – Auf jeden Fall!
Ob es da vor allem ums Klima geht? – Weiss nicht.
Die Fakten, 20 Jahre danach, können aktuell in zahlreichen Medien nachgelesen werden. Eine interessante Sendung zum Thema strahlte SRF am Do, 21. Juni 2012 aus. Die Sendung wird hier als Podcast bereitgestellt.
Frei nach Rolf Dobelli möchte ich zu diesem Thema eine Geschichte erzählen:
Als ich Kind war, gab es in unserer Gemeinde noch eine Allmend. Wir nannten sie „Allmei“. Doch auf dieser Allemend, ein Erbe des alemannischen Gemeinschaftsgedankens, gab es schon in meiner Jugend keine Kühe mehr. Sie lag brach – was zwar auch zu Alemannen passen würde, aber nicht zur Allmend. Wie aber war es dazu gekommen, dass die Kühe von der Allemend verschwunden sind?
Als die Welt auf der Allmend noch in Ordnung war – also so vor ein paar Generationen – versammelten sich täglich an die 30 Kühe auf der Gemeinschaftswiese. Jeder Bauer hatte bloss ein paar wenige Kühe, die ganz armen bloss eine. Sie frassen das spärliche Gras, muhten, legten sich zum Wiederkäuen hin, muhten wieder und trotten abends brav nach Hause, begleitet von einem Hirtenbuben, und gaben dann brav ein paar wenige Liter Milch.
Das ging alles gut, bis der erste Bauer, nennen wir ihn „Bode-Puur“, das Bruchrechnen und die Gewinnmaximierung entdeckte. Er hatte zwei Kühe. Eine zusätzliche Kuh brächte ihm eine 50%-ige Steigerung des Ertrags, fand er heraus. Natürlich würde eine weitere Kuh die Allmend etwas mehr beanspruchen. Auf 30 Kühe macht dies aber läppische 3.3% aus.
Sein langjähriger Widersacher, nennen wir ihn „Glungge-Puur“, roch natürlich den Braten sofort. Er schaffte sich gleich zwei neue Kühe an. Damit besass er nun vier Kühe, die er allesamt auf die Allmend bringen liess. Eine Umsatzsteigerung von 100% bei einer marginalen Einbusse, betreffend Grasanteil pro Kuh.
(Man bedenke, je mehr Kühe auf der Wiese stehen, desto weniger macht eine einzelne Kuh aus. Man stelle sich eine (zugegebenermassen idiotische) Anzahl von 1’000’000 Kühe auf einer Schweizer Allmend vor. Nun stellt der „Glungge-Puur“ noch zwei dazu. Na? Wird das jemand merken? Ich denke 0.0002% ist wirklich zu verkraften! Doch zurück zur Geschichte!)
Allen anderen „Puuren“ blieb das natürlich nicht verborgen. Und da die Grösse der Kartoffeln im Laufe der Evolution nicht mehr reziprok zur intellektuellen Kapazität des Produzenten stand, passten alle ihr Verhalten dem „Glungge-Pur“ und dem „Bode-Puur“ an. Ausser einem, nennen wir ihn „Ueli“. Dieser blieb den Traditionen treu, wollte bescheiden bleiben, wollte nichts wissen von prozentualem Wachstum – dafür umso mehr vom Vreneli.
Die Sache mit den Kühen lief dann aber doch irgendwie aus dem Ruder. Man stellte fest, dass einzelne Stellen auf der Allemend kaum mehr grün waren. Von Wiese konnte man schon bald nicht mehr sprechen. Langsam aber sicher verwandelte sich dieser kleine Flecken Erde von einer saftigen Voralpenwiese in eine afrikanische Savanne in der Trockenzeit. Es musste etwas unternommen werden, darin waren sich alle einig.
Wären die Bauern Indianer gewesen, hätten sie ein grosses Pow-wow abgehalten. So aber versammelten sie sich in der Kirche, um die Sache zu diskutieren und ein für allemal zu klären.
Es war ein zähes Ringen. Ganze Familienclans hatten sich zusammengeschlossen. Alle wussten zwar, dass eine „Kuhbegrenzung“ unvermeidbar war. Die Kontingentierung, aber, liess den einen oder anderen doch zu einigermassen unchristlichen Äusserungen verleiten.
Es ging schon auf Mitternacht zu, als die ersten „Puuren“ sich anschickten, unverrichteter Dinge nach Hause zu gehen. (Ueli, übrigens, war gar nicht erst gekommen. Der war lieber bei seinem Vreneli geblieben.) Da machte der „Bode-Puur“ einen Vorschlag, der wieder alle zurück in die Kirchenbänke holte. Hier ein Auszug aus dem Protokoll:
„…. Der Bodenbauer unterbreitet den Vorschlag, jeden einzelnen Bauern in die Verantwortung zu nehmen. Es müsse doch möglich sein, dass vernünftige Leute vernünftige Entscheidungen fällten und ihr Tun, wie seit eh und je, vor Gott dem Allmächtigen und allen Heiligen im Himmel zu verantworten hätten. Die Anzahl Kühe sollte innerhalb von 10 Jahren wieder auf den Stand von 1881 (dem Jahr der grossen Käseschwemme) zurückgehen und diesen nicht mehr übersteigen. Um sicherzustellen, dass auch alle diese Ziele anstrebten und erreichten, müsste jährlich die Menge der Kühe dem Ältestenrat bekanntgegeben werden. ….“
In heutigem Deutsch würde man das „Selbstdeklaration“ nennen.
Damit konnten nun alle „leben“, wie sie sagten, gaben ihren Segen, erflehten denjenigen vom Allmächtigen und machten, dass sie heimkamen.
In den Büchern des Ältestenrates lässt sich nachvollziehen, wie die Menge der Kühe seither jährlich sank. Zugegeben, 1881 hatten sie das Ziel nicht ganz erreicht – aber fast.
Eines aber kann ich als lebender Zeuge bezeugen (was für ein Satz!): Spätestens 1973 gab es auf besagter Wiese keine Kühe mehr. Mir scheint, da scheinen (jetzt wird es chronisch!) ein paar Bauern wohl übers Ziel hinausgeschossen zu haben!